Auszug aus der Rezension der Zeitschrift "Korrespondenzen", Zeitschrift für Theaterpädagogik (Oktober 2004)

Neue Bücher, die Theaterpädagogen interessieren könn(t)en: Die Autorin ist Diplom-Sprecherin und Diplom-Sprecherzieherin und lehrt am Max Reinhardt Seminar in Wien. "Es handelt sich ... nicht um eine Übungssammlung, die den Anspruch erhebt, einen grundsätzlich neuen Ansatz zu präsentieren. Die Übungsvorschläge sollen für den Trainer vielmehr ein Anhaltspunkt sein, eigene Ideen zu finden und je nach Gruppensituation weiterzuentwickeln." Also: Ein sehr realistischer Ansatz, der von der großen Praxiserfahrung der Verfasserin zeugt und der auch erfüllt wird. Vier große Arbeitsfelder werden mit detaillierten Übungsmöglichkeiten angegangen: Präsenz, Stimme, Artikulation, Textgestaltung . Die Verfasserin wirft jeweils Übungsziele aus, reflektiert die Gruppenstärke , nennt ungefähre Zeitmaße und benötigte Materialien . Die Verfasserin weiß als überlegte Praktikerin, dass Merkblätter/Fragebögen die "körperlich-stimmlichen Erfahrungen" stützen, so dass "vom Erlebnis zum Ergebnis" geführt werden kann. Übungstexte, die die Verfasserin exemplarisch vorschlägt, sind bewusst in der Regel keine Schauspieltexte, um nicht in die Arbeit von Regie, Dramaturgie usw. einzugreifen. Die komplexe Übung "Welcher Satz stammt nicht von mir?" (aus dem Übungsfeld Textgestaltung) arbeitet mit einem Text von Franz Kafka. Ziel ist hier: "Durch Subtexte und Kontexte zur Natürlichkeit finden"; eine Erkenntnis : "Wenn ich einen vorgegebenen Satz reproduziere, muss ich im Moment den Gedanken so fassen und entwickeln, dass ich am Sprechdenkprozess beteiligt bin. Nur dann gehört dieser Satz zu mir und wirkt authentisch gesprochen", weil er nicht wie "fertig" abgespult wird; denn es ist "hilfreich, von Zeit zu Zeit Abstand zu den Worten zu gewinnen und neue Subtexte zu finden".
Die Publikation von Barbara Bernhard ist farbig gestaltet, weist Zeichnungen auf, ist lese- und arbeitsfreundlich gestaltet: Man findet sich schnell zurecht und kann mit eigenen Ideen/Variationen gut hineinkommen. Ein "Kleines Lexikon der Schlüsselbegriffe und Merksätze" ist vorhanden, und es gibt Literaturempfehlungen. Barbara Bernhard verlässt den Gruppenbezug und den interaktiven Bezug ihrer Vorschläge nicht - und damit ist ihr Buch eine sehr nützliche Handreichung für theaterpädagogisch arbeitende Gruppen - vielleicht nicht nur für die Hand der Trainer, sondern fürs sorgfältige Selbststudium in Gruppen.

(Gerd Koch)

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